Tour 377 2100 m Hoher Göll - Trichterwiesl, Westwand "Großer Trichter" Berchtesgadener Alpen Klettern 5+ A0 19.09.09    

Klassiker mit nicht zu unterschätzenden "originellen" Kletterstellen www.sirdar.de

Fakten
Zustieg:1h von der Scharitzkehl-Alm
Route:6h, max. 5+ A1, die schwierigen Stellen konzentrieren sich auf fünf Seillängen vor und im Großen Trichter.
Abstieg:1.5h vom Trichterwiesl, zum Großteil Abseilpiste.
Allgemeines:Zustieg über alte Westwand, Route bleibt lange nass, am Anfang des Großen Trichters dürfte sie nie ganz trocken sein.

Ausgangspunkt:
Scharitzkehl-Alm (1042m)

Anfahrt von München:
München - Berchtesgaden. Auf den Obersalzberg und Richtung Hinterbrand. Auf der Passstraße zweigt links eine beschilderte Stichstraße zur Scharitzkehl-Alm ab. Kurz davor Parkplätze. Anfahrt ca. 2h.

Stützpunkt:
Evtl. Scharitzkehl-Alm, aber an sich nicht notwendig.

Route:
Hoher Göll, Westwand "Großer Trichter" 5+ A0 (J.Aschauer, J.Kurz 1922)

Zustieg:
Göll: Großer Trichter Von der Scharitzkehl-Alm zunächst auf Fahrweg, dann auf deutlichen Steigspuren bis unter die Westwand des Gölls. In Falllinie des Großen Trichters findet sich ein großer Plattenschild. Ganz rechts ermöglichen Bänder eine einfache Querung über die ersten Plattenschüsse hinweg von rechts nach links.
Mitten auf dem Band weißt ein Schild auf den "Jubiläusmweg" hin, einer neueren Routenkreation. Für den Zustieg benutzt man nun entweder die Route "Alte Westwand", die sich im ZickZack den einfachsten Weg durch den Plattenschild sucht (Stellen III) oder benutzt den unteren Teil des Jubiläumsweges, der direkter über Platten nach oben führt. Vorteilhaft kombiniert man beide Wege (viele Haken + Bohrhaken) bis zu einem markanten Felskopf links unterhalb des Großen Trichters. Die Alte Westwand führt um diesen Felskopf in einem Bogen links herum. Oberhalb quert man auf einem leichtem Band (Gehgelände) wieder unter den großen Trichter zurück und hat dann noch eine Seillänge (40m, III) bis zu einer höhlenartigen Nische. Hier zweigt der "Große Trichter" von der alten Westwand rechts ab.

1. SL (30m, 5-): Gleich rechts des Standplatzes an der Höhle (Ringbohrhaken) führt eine, mit großer Wahrscheinlichkeit nasse, rampenartige Verschneidung nach oben. Man sollte an deren Ende nicht versäumen, rechtzeitig nach rechts rauszuqueren (gerade weiter mindestens zwei Verhauerhaken) zu einer bequemen Nische unter einer markanten, riesigen Schuppe, die wie ein Schild an der Wand zu kleben scheint.
2. SL (30m, 4+): Ab jetzt wird es "originell"! Auf dem Schild durch den Spalt, den dieser mit der Wand bildet (abdrängend und glatt). Nun kann man seine Reit- oder Hangelkünste am Schild testen und der scharfen Kante bis zu einem Wandbuch folgen. Dort Stand an einer Sanduhr.
3. SL (20m, 5+ A0): Waagrechte Querung über eine glatte Platte hinweg zum Beginn des Großen Trichters, das Ganze als Seilzugquergang. Die Seillänge ist dementsprechend mit Bohrhaken eingerichtet. Frei geklettert ist das Ganze wesentlich schwieriger. Man muss zwingend versuchen möglichst waagrecht den Bohrhaken folgend in den Trichter zu queren, um so einen Klemmblock zu erreichen. Kurz darüber Stand an Bohrhaken.
4. SL (30m, 5+): Eine Reihe von Klemmblöcken voraus. Der Trichtergrund wird immer nass und glitschig sein, die Wände sind glatt. Rucksack ist an dieser Stelle sehr hinderlich. Nach dem ersten kleinen Block überwindet man den nächsten größeren an der linken Begrenzungswand (viele Haken). Schlanke Leute können danach durch ein Loch hinter dem nächsten Block zum Standplatz schlüpfen. Alle anderen haben es aussen rum wesentlich "schwerer".
5. SL (15m, 5-): An der linken Begrenzungswand führt ein rampenartiges Band zum nächsten Klemmblock (Bohrhaken). Aussen über den Block, sehr schwierig. Besser vom Bohrhaken gerade unter den Block schlüpfen und dahinter wieder durch ein Loch zum Standplatz.
6. SL (50m, 4): Noch ein Hindernis stellt sich den Weg. Wir sind über eine Platte links zu einem Minipfeiler, der in den Trichter hinabzieht. Kurze plattige Querung um diesen herum und danach im Gehgelände wieder im Trichtergrund gerade noch oben. Stand selber einrichten.
Nun durch den Trichter in direkter Linie gerade nach oben, bis man ein Band erreicht (100m II-III). Hier ein deutlicher Pfad, dem man nach links zum Trichterwiesl verfolgt. Alternativ kann man vorher in einen seitlichen Kamin ausweichen. Hat dann aber nochmal über zwei Seillängen verteilt einzelne IVer-Stellen und quert dann direkt zum Trichterwiesl.
Der Gipfel des Hohen Gölls läßt sich von hier in zwei Stunden durch wegloses IIer-Gelände auch erreichen.

Göll: Großer Trichter Abstieg:
Der Beginn des Abstiegs ist mit gelben Punkten markiert. An einem Ring-Bohrhaken ca. 40m in eine schrofige Rinne abseilen. Durch diese gerade hinab absteigen bis zu einem Steilabbruch. Hier eine weitere Abseilstelle (Aufschrift "40m"). Unterhalb müßte man eigentlich einige Meter nach rechts queren zur "Alten Westwand" und dort abseilen. Man kann aber auch weiter 60m oder 2x30m abseilen, und dann zurück zu der bekannten Höhle am Beginn des Großen Trichters absteigen (Gehgelände). Dank Routenvielfalt unterhalb kann man nun einigermassen unbesorgt an den vielen Bohrhaken direkt hinab zum Wandfuss abseilen. 60m Doppelseil sehr vorteilhaft.
Hochkesselkopf: Südwestverschneidung

Charakter:
Man sollte die nominell eher moderaten Schwierigkeiten nicht unterschätzen, die Route hat es in sich! "Originelle" Kletterstellen heißt, eher ungewöhnlich, weswegen man für die schwierigen Seillängen mehr Zeit benötigen wird als normal. Standplätze sind meist mit einem geklebten Ringbohrhaken ausgestattet. Dazwischen einige wenige geklebte Zwischenhaken und viele Normalhaken. Diese jedoch schon ziemlich alt und verrostet. Man benötigt Klemmkeile, Schlingen. Hammer und Haken sind auch empfehlenswert, da die uralt Rostgurken wohl eher früher als später "verschwinden". Problem sind auch die vielen nassen Kletterstellen, die sich wohl nie ganz vermeiden lassen. Direkt nach einem Regentag sollte man nicht einsteigen.

Karte:
Bayer. Landesvermessungsamt, Berchtesgadener Alpen 1:50000

Führer:
AV-Führer "Berchtesgadener Alpen", 16. Auflage 1990, Bergverlag Rudolf Rother, München

Link:

 

Göll: Großer Trichter Titel: Fiese Tour
Bergspezln: Thomas

Die von der Ferne so abweisend wirkende Göll-Westwand machte dann aus der Nähe vor allem einen sehr feuchten Eindruck. Das vorangegangene Schlechtwetter hatte seine Spuren hinterlassen. Aber die schwierigen Seillängen zum Großen Trichter sahen weitgehend trocken aus.
Im unteren Teil benützt man als Zustieg quasi die "Alte Westwand", die sich hier geschickt durch die Plattenzonen windet. Direkter geht es über den neuen Jubiläumsweg, der in gerader Linie ohne Routenlogik über die Platten nach oben führt. Wir haben uns dann einfach den für uns einfachsten Weg rausgesucht. Haken hat es eh überall und man landet dann früher oder später auch an der markanten Höhlen-Nische, von wo aus der Quergang zum Großen Trichter ansetzt.
Die erste Verschneidung war bei uns schon mal ordentlich nass und damit recht schwierig zu klettern. Danach wird es "originell", z.B. diese schildartige Schuppe, man reitet auf der oberen scharfen Kante. Das Ding könnte auch den Beinamen "Kastrator" oder so haben. Laut AV-Führer sollte der folgende Seilzugquergang frei geklettert als V+ durchgehen. Nie und nimmer, irgendwas weit jenseits meiner Kletterkünste. Ziemlich glatt und grifflos, weswegen wir doch unsere Kenntnisse bezüglich Seilzugquergang vertieften.
Dann steht man im Großen Trichter. Der fängt unten tatsächlich mit einer feinen Rinne an und nimmt nach oben hin enorme Ausmasse an. Der Trichtergrund ist jedoch feucht und glitschig und wird das wohl auch fast immer sein.
Da war ich froh, einer Eingebung folgend, doch Hammer und Haken mitgenommen zu haben, das entspannte die Schmierseifenkletterei unter den ersten Klemmblöcken doch wesentlich. Die nächsten Klemmblöcke kann man dann "hintergehen" und sich durch schmale Löcher nach oben schieben, nur zu viel Körperumfang sollte man nicht mitbringen.
Aus dem Trichter raus fanden wir nicht den richtigen Weg und gerieten links in eine schwierigere Variante, um dann aber doch das Trichterwiesl zu erreichen. Wir hatten viel Zeit verbraten, Nebel machte sich wieder breit, weswegen wir doch, wie wohl die meisten, nicht mehr zum Hauptgipfel aufstiegen und vom Trichterwiesl die Abseilpiste nützten.
Der Bericht klingt zwar jetzt doch etwas abschreckend, aber wer mal wirklich eine Tour abseits der Norm sucht und den Schwierigkeiten locker gewachsen ist, der sollte sich diesen Klassiker mal anschauen.

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