Beginnend von Bad Tölz ist der Isar-Radweg gut ausgeschildert. Zunächst geht es flussaufwärts gesehen auf der rechten Seite durch eine eigentümliche Waldlandschaft, wie man sie eher in
Skandinavien erwarten würde. Bei Lenggries wechselt man die Flussseite und man ist zunächst gezwungen, entlang der B13 zu radeln.
Kurz vor dem Staudamm des Sylvensteinsees wurde ein steiler Weg zur Versorgung und für Fahrradfahrer in die Felswand geschlagen, die "Aquila", ein Highlight dieser Etappe. Ebenso wie die
nachfolgende Fahrt entlang des Sees. Der "offizielle" Radweg bleibt an der Straße, jedoch kann man nach der Ortschaft Fall bis zur Geschiebesperre am Beginn des Stausees auch direkt am Ufer
entlangradeln.
Bei Vorderriß benützt man eine Mautstraße bis Wallgau, diese ist aufgrund von Ausflugsverkehr leider trotzdem stark befahren. Die Isar gibt sich in diesem Bereich sehr ursprünglich. Ab
Wallgau ist man nun wirklich mitten im Gebirge und kann es bis Mittenwald entlang der eindrucksvollen Karwendelkette gemütlich angehen lassen. Von Mittenwald gibt es gute Zugverbindungen nach
München oder Innsbruck.
Begleitende Touren zu dieser Etappe: Geierstein (1491m): Recht zackiger Felsgipfel gleich über Lenggries, umfassende Aussicht Richtung Bad Tölz und Alpenvorland Grasköpfl (1753m), von Norden: Aussichtskanzel zwischen Fall und Vorderriß, mit schönen Blick auf den Isarwinkel Hoher Kranzberg (1391m), von Norden: Wer sich für die Römer in Bayern, und die Via Raetia interessiert, in Klais kann man Reste der Römerstrasse besichtigen
Von Tölz führt der Isar-Radweg am westlichen Ufer weiter flussaufwärts. In den weiten Schotterebenen im Isar-Tal hat sich eine ganz eigene Vegetation gebildet. Der Kiesboden dürfte eher karg
sein und die Wälder entlang der Isar muten auch eher skandinavisch-karg an oder auch wie in den Hochlagen des Bayerischen Waldes. Es macht jedenfalls sehr viel Spaß dort durchzuradeln und ist somit
auch eines der Highlights auf dem Weg nach Mittenwald.
Nach 11 Kilometer quert man bei Lenggries die Isarbrücke, dann ist es mit dem Spaß erst mal vorbei. Man radelt nun direkt entlang der vielbefahrenen B13. Das bei dem vielen Verkehr die
Alpenbewohner mittlerweile rebellieren, kann man gut nachvollziehen. Für Radfahrer wurde kurz hinter Fleck ein eigener Weg geschaffen, um auf die Dammkrone des Sylvensteinsees zu gelangen. Steil
und luftig wurde ein Band in die Felswand geschlagen, am Ende wartet ein Tunnel, bevor man schließlich auf dem Damm steht und den Blick über den Stausee schweifen lassen kann. Für die Talsperre
nutzte man eine natürliche Engstelle. Die Isar wurde von markanten Felswänden eingegrenzt, dem Hennenköpfl und der Sylvensteinwand. Vom letzteren hat der Speichersee offensichtlich auch seinen
Namen.
Dann steht man auf dem Staudamm, umgeben von vielen Touristengruppen. Auch chinesische Reisegruppen legen auf ihrer 10-Tage-durch-Europa-Tour hier einen Stopp ein. Nun, man kann es verstehen, der Speichersee ist schon sehr gelungen,
wenn man das mal so sagen darf. Aber warum gibt es den überhaupt? Strom? Trinkwasser? Hochwasserschutz?
Weit gefehlt, es ist ein Speicher zur "Niedrigwasseraufbesserung". Ein herrlich deutsches Wort. Als man in den Jahren 1918 - 1924 das Walchensee-Kraftwerk bei Kochel baute, musste bei Krün ein
Teil des Isarwassers umgeleitet werden. Das natürliche Einzugsgebiet des Walchensees bezüglich Wassernachschub wäre sonst zu klein gewesen, um das Kraftwerk, welches über Rohre vom Walchensee zum
tiefergelegenen Kochelsee arbeitet, vernünftig dauerhaft betreiben zu können. Folge war, dass man bei Wasserknappheit in Bad Tölz sprichtwörtlich auf den Trockenen saß, weil das gesamte Isarwasser
über den Walchen- und Kochelsee zur Loisach umgeleitet wurde. Das hatte natürlich vielfältige Folgen, weswegen man beschloss, über einen Speichersee der Isar ständig genügend Wasser zur
Verfügung zu stellen. So wurde also der Sylvensteinsee erdacht und gebaut. Nebenbei, durch die Umleitung hatte nun die Loisach zu viel Wasser. Um Wolfratshausen vor Hochwasser zu schützen, musste
nun ein weiterer Kanal gebaut werden, der vor der Stadt Wasser von der Loisach wieder zurück zur Isar führt.
Ich radele weiter. Direkt vor der Faller-Klamm-Brücke überholt mich ein Porsche-Geschwader. Lauter Oldtimer, die sind ja vergleichsweise noch recht hübsch anzuschauen, im Gegensatz zu ihren degenrierten
Nachkommen, aber dieser Lärm. Motorisiertes Brunftgeschrei stand dazu mal in der Süddeutschen. Na, da sind sie ja hier genau richtig, im Jagdrevier der Wittelsbacher.
Ich radele über die Brücke. Hier war einst die Faller Klamm, eine vor allem bei den Isarflössern einst berüchtigte Engstelle. Davor war die Ortschaft Fall. Klamm und Fall sind nun im See versunken.
Wobei die Ortschaft platt gemacht und einfach verlegt wurde. Davon ahnt man heute nicht mehr viel, man geniesst einfach die schöne Aussicht auf den See, eingerahmt von bewaldeten Bergen.
Das "neue" Fall schaue ich mir nicht weiter an und radele gleich weiter. Der offizielle Radweg bleibt auf der Bundesstraße, welche dank Ausflugsverkehr sehr belebt ist. Mir ist das zu langweilig
und ich versuche es direkt am Seeufer. Hier lässt es sich gut radeln, ein Schotterweg führt am Ufer entlang und es ist viel ruhiger als oben an der Straße. Auffällig sind die vielen
durchnummerierten Ruderboote im See. Ein Freund hat mich aufgeklärt, wer das Glück hat einen Fischereischein für den Sylvensteinsee zu ergattern, darf auch ein Boot zu Wasser bringen.
Der "Uferradweg" endet an der Geschiebesperre, wo die Isar in den Speichersee fließt. Die Sperre dient dazu, das viele Gestein aufzuhalten, ansonsten würde sich der See langsam aber unweigerlich im
Laufe der Zeit wieder füllen. Ich muss nun zurück auf die Bundesstraße, aber nur kurz bis Vorderriß. Hier rentiert es sich tatsächlich, sich ein wenig die Häuser anzusehen. Ein durchaus
geschichtsträchtiger Ort, die Wittelsbacher pflegten hier wie schon erwähnt zur Jagd zu schreiten, oder wie auch immer man das waidmannsgerecht ausdrückt. Der bekannte Schriftsteller Ludwig Thoma war
ein Sohn des Oberförsters und verbrachte seine ersten sechs Lebensjahre in Vorderriß.
Man erreicht hier das Rißtal. Über Hinterriß gelangt man zum Ahornboden und die Eng. Eine österreichische Enklave, welche nur über Bayern eine Straßenanbindung an. Ein wunderschönes Alpental,
weswegen sich die Eng an schönen Tagen zu einem Großparkplatz verwandelt. Bei Vorderriß mündet der Rißbach in die Isar. An der Mündung zur Isar wird man ihn aber gar nicht entdecken, das Wasser wird
hier über den Rißbachstollen zum Walchensee abgeleitet.
Auf dem weiteren Weg bis Wallgau fließt die Isar scheinbar unberüht und unbegradigt durch ein schönes Tal zwischen den Bergen. Hier führt eine Mautstraße hindurch, als Radler zahlt man allerdings
nix. Die Straße ist trotzdem recht belebt, beinahe ausschließlich Ausflugsverkehr.
Bei Wallgau folge ich direkt dem Lauf der Isar und lande in Krün. Nordwärts das Tal wird die Isar zum Walchensee abgeleitet, südwärts geht es weiter gen Isar-Ursprung. Davor liegt Mittenwald zu
Füssen des Karwendels, das hier mit mächtigen Felsabbrüchen gen Himmel ragt. Mittenwald war früher aufgrund des Holzreichtums in der Umgebung das Zentrum der Isar-Flösserei. Heute regiert
v.a. der Tourismus, aber auch der Geigenbau hat in dem Ort eine lange Tradition und auch noch die Gebirgsjäger der Bundeswehr. Das riesige Kasernengelände prägt auch das Antlitz der Stadt.
Für mich endet die Reise zunächst hier. Zum Isar-Ursprung wäre es nicht mehr weit, aber das will ich an einem anderen Tag in Ruhe genießen. Mittenwald liegt an der Eisenbahnstrecke zwischen
Innsbruck und München und ist von daher mit dem Zug recht einfach zu erreichen und man kommt auch schnell wieder weg.
Literatur:
Wasserwirtschaftsamt Weilheim, "Der Sylvensteinspeicher", Juli 2009 sehr informative Broschüre, liegt direkt am Damm aus (wenn man Glück hat)
Der barock anmutende Markplatz von Bad Tölz. Wenn man ein bisschen zur Stadtgeschichte forscht, stößt man schnell auf alte Bierbrautradition, welche bis ins 15. Jhdt. zurückreicht. Der Höchststand
von unglaublichen 22 Brauereien wurde im 17 Jhdt. erreicht. Tölz verdankt also seinen wirtschaftlichen Aufstieg nicht unwesentlich dem Bier. Der Ort hatte einen Standortvorteil, da es auf einem
Tuffhügelrücken errichtet wurde. In dem weichen Gestein liesen sich recht einfach Höhlen schlagen, womit hervorragende Bedingungen und v.a. kühle Temperaturen (6-8°C) für untergärige Bierge geschaffen
wurden.
Mein Alpenzubringer. Das Gefährt hat mich schon durch Tibet begleitet, da ist der Weg von München entlang der Isar in die Alpen auch auf unsere alten Tage noch zu schaffen.
Hinter Bad Tölz wirkt der Wald nahezu skandinavisch. Der Untergrund besteht hier aus Geschiebe herbeigeschafft von der Isar. Zuerst bereiten Pionierpflanzen den Boden, bevor größere Bäume
gedeihen können.
Im Zuge einer Dammerhöhung in den neunziger Jahren wurde auch ein Fahrradweg geschaffen. Wie auf dem Bild zu sehen, schmiegt sich dieser luftig steil an eine die Engstelle der Isar begrenzende
Felswand. Am Ende wartet ein Tunnel und man steht auf dem Damm des Sylvensteinsees.
Durch diesen Tunnel musst du radeln ...
... um dann direkt von der Dammkrone diesen schönen Blick auf den Sylvensteinsee zu haben. Der Damm nutzt dabei eine natürliche Engstelle der Isar zwischen zwei Felsriegel. Das Gebäude im
Hintergrund, der "Tempel am Sylvenstein", dient zum Hochwasserschutz und ist quasi der Überlauf.
Die Faller Klammbrücke teilt den See in zwei Hälften. Hier der Blick auf den westlichen Teil. Die Ortschaft Alt-Fall wurde abgetragen und liegt nun südlich am See. 1998 wurde der See für
notwendige Arbeiten abgestaut. Es existieren Bilder mit der Brücke und dem trockengelegten See. So tief, wie man auf der Brücke stehend meinen möchte, ist der See dabei gar nicht. 20-30m
vielleicht?
Blick vom Seeufer zurück auf die Faller Klammbrücke.
Wer einen Fischereischein ergattert, darf auch ein Boot im Sylvensteinsee zu Wasser bringen.
Am Westende, wo die Isar in den See mündet, verlandet dieser zusehends.
Das ist die Geschiebesperre am westlichen Einlass in den Sylvensteinspeicher. Hier wurde das mitgeführte Geröll aufgefangen, sonst würde der See unweigerlich verlanden. Das Gestein wird
abgebaggert und anschließend flußabwärts wieder in die Isar gekippt. Ganz schön viel Aufwand, aber sonst würde die Isar ihren alpinen Charakter nach dem Damm verlieren.
Oberhalb der Geschiebesperre wirkt die Isar naturbelassen, aber das täuscht. Erst nach Umbaumaßnahmen am Krüner Wehr 1990 mit der Isarableitung, fließt in dem Abschnitt danach wieder ganzjährig Wasser.
Auch wurde eine Fischaufstiegshilfe an der Geschiebesperre errichtet. Dies alles hat dazu beigetragen, auch die obere Isar wieder zu beleben.
An der Mündung des Rißbaches in die Isar kann man ersteren meist trockenen Fußes überqueren. Auch hier wird das Wasser über einen Stollen in den Walchensee abgeleitet, um das scheinbar unersättliche
dortige Kraftwerk zu versorgen.
Das ist die renaturierte Isar bei Vorderriß, kurz bevor sich Isar und Rißbach vereinigen.
Immer noch nahe bei Vorderriß, ein besonders schöner und auch leicht zugänglicher Fleck an der Isar.
Bei Vorderriß.
Kurz vor Mittenwald. Am Ostrand des Orts erhebt sich direkt das Karwendel. Die Karwendelbahn führt hoch zur Westlichen Karwendelspitze. Die Bergstation liegt auf 2244m, Mittenwald liegt auf 923m.
Das wären also rund 1300 Höhenmeter Unterschied. Im Bild ist allerdings die Viererspitze, ein besonders bei Kletterern beliebter Berg.
Der Bahnhof von Mittenwald. Lange Zeit lebten die Einwohner von dem, was die Umgebung hergab, also insbesondere Holz. Die Flößerei auf der Isar hatte also ihren Startpunkt in Mittenwald. Bekannt
ist Mittenwald auch für den Geigenbau. Heutzutage dürfte der Ort v.a. vom Tourismus leben.
GPS-Koordinaten eigene Messung - Angaben ohne Gewähr (Datum: WGS 84 Positionsformat: Dezimal)