Dank dem Ausfüllen eines Fragebogens bekamen wir von Air France 3000 Freimeilen
geschenkt. Zusammen mit unserem Chile-Flug verhalf uns das zu einem Freiflug
nach Frankreich. So traten wir auch in der Patagonien-Besetzung zu diesem
Kurztrip an die sommerliche Mittelmeerküste nach Marseille an.
Irgendwo muss bei diesen Freimeilen und Gratisflügen der Haken sein, in dem Fall
waren es die Flughafensteuern. Von München gelangt man nach Marseille über Lyon
und so summierten sich die Kosten dank Steuern doch auf 90 Euro. Bißchen viel
für einen Gratisflug, aber nun gut ...
Der Hinflug klappte wie am Schnürchen, einen schönen Alpenblick gab es auch, Auto
ausleihen funktionierte zwar zäh, aber nach geduldigem Warten, waren der
Mobilität vor Ort keine Grenzen mehr gesetzt. So wurden wir in die urbane
Wildnis von Marseille entlassen. Bzw. so weit mußten wir erst mal kommen. Als
ich den Flughafen endlich auf der Karte geortet hatte, steckten wir bereits tief
im Vorort-Sumpf und erkundeten wie der Franzose so wohnt. Da half nix, wieder
zurück auf die Autobahn und ein neuer Anlauf, der uns dieses Mal direkt ins
Zentrum von Marseille und weiter über eine schöne Küstenstraße zu unserem Ziel
Cassis führte. Unsere Reiseleiterin Betty hatte per Internet vorab ein Hotel
kurz ausserhalb der Stadt gebucht, "Le joli bois", einfach, aber sehr
empfehlenswert. Die Calanques fangen gleich hinter dem Haus an. Bis zu Küste
sind es dann aber doch so ca. 2h Fussmarsch.
Den Rest des Tages verbrachten wir in einem Restaurant im Hafen von Cassis. Nun
ja nicht ganz, aber bis der durchaus bemühte Ober die vielen Kunden im Griff
hatte, war das Essen kalt und zwei Stunden rum. Die Stadt Cassis liegt ganz nett
am Meer, damit sind die Höhepunkte schon beschrieben. Die felsige
Küstenlandschaft der Calanques lockt die Touristen an. Und Cassis ist hierfür
der ideale Ausgangspunkt. Die schönste Bucht En Vau erreicht man in einer Stunde
Fussmarsch.
Ein neuer Tag und es regnete, in Strömen. Da blieb nur die Besichtigung von
Marseille. Unser Programm beschränkten wir auf die Hafengegend und die Kirche
Notre Dame de la Garde, welche hoch über der Stadt thront. Ganz nett soweit, aber
Marseille ist halt auch nur eine Stadt und die Franzosen haben schon irgendwie
ein Talent dafür, mit ihren Beton-Wohnburgen die Landschaft nachhaltig zu
verschandeln. Wobei, Schuld an dieser Sanierung waren die Deutschen, die hier
während des 2. Weltkriegs sehr viel platt machten.
Nachmittags zeigte sich dann zunehmend die Sonne, was uns zu einer Wanderung zur
Calanque d l'Oule bewegte. Der Weg dorthin schon schön, aber der Blick von oben auf die
Steilküsten und der fjordähnlichen Buchten der Calanques ist einzigartig. Zudem
kamen wir in den Genuss eines schönen Sonnenuntergangs, der mit seinem
Farbenspiel vollsten Einsatz von uns als Hobbyfotografen verlangte.
Montag, 1. November, Feiertag. Da muss die Sonne scheinen und richtig, sie tat
es. Temperaturen wie bei uns den ganzen Sommer nicht. Wir marschierten von
Cassis wunderschön entlang der Küste zur En Vau. Klettern stand auf dem
Programm und Routen hat es in der Gegend um die En Vau genügend. Das meiste auch
sehr gut abgesichert. Am Strand steht ein kleiner Felszacken namens "Petit
Aiguille", der uns zum Einklettern diente. An einer 6a blitzte ich ab, 4c ging
dann aber doch einigermassen reibungslos. Das Letzte traf zum Teil auch wörtlich zu, die
Kalkfelsen sind hier ziemlich glatt. Betty und ich hatten uns weiterhin eine Route
direkt über dem Wasser ausgeguckt, die Super Calanque mit 5c bewertet, also
nach UIAA so ca. VI-.
Schon der Weg zum Einstieg war fantastisch auf einem schmalen Band geht es über
dem Meer zum Beginn eines Kamins. Das letzte Stück der Querung dann doch ziemlich
ausgesetzt. Hier fängt die Route an. Die erste Seillänge durch den Kamin, dann
über Platten rechts aufwärts. In der folgenden Seillänge machte ich die
Erfahrung, dass auch ein Zwei-Meter-Felsturm wackeln kann, was mir doch
einigermassen einen Schrecken einjagte. Danach standen wir unter der
Schlüsselseillänge, eine Platte. Ich ahnte schon Böses, aber über einen Riss war
die Kletterei zwar anspruchsvoll aber mit genügend Griffen versehen. Das Tollste,
wenn man von hier oben zurück schaut, sieht man nur das blaue Wasser der Bucht
unter einem. So gelangten wir auf das Plateau de Castelvieil einer kleinen Halbinsel,
welche nur kletternderweise erreichbar ist. Eine Schlange erfüllt dieses
Kriterium offenbar und jagte mir für heute den zweiten Schrecken ein. Wir
erkundeten das Plateau und machten uns dann auf den Rückweg. Über Abseilen und
einen steilen Weg gelangten wir zurück zur En Vau. Flo und Hias hatten eine
andere Route unter die Kletterpatschen genommen, aber wie bestellt waren auch die
beiden mit ihrem Abenteuer fertig.
Auch unser Kurztrip neigte sich dem Ende zu und tags darauf saßen wir wieder im
Büro bei feuchtkalten Novemberwetter. Aber gut zu wissen, wo die Sonne grad
scheint ...
Tour
10
En Vau
Calanques (Frankreich)
Sportklettern
5c
01.11.04
Ausgangspunkt:
Cassis
Anfahrt:
Cassis ist von Marseille gut per Auto oder Zug zu erreichen. Im Dorf gibt es allerdings ein großes
Parkplatzproblem. Ein guter Ausgangspunkt ist der Parkplatz am Ende der "Calanque de Port-Miou".
Zustieg:
Auf gut ausgeschilderten Pfaden zur En Vau. Zuletzt steil in die Bucht absteigen.
Routen:
Petit Aiguille:
Dieser kleine Felsturm steht direkt am Strand. Rundherum gibt es Klettereien in allen
Schwierigkeisgraden. U.a. eine 4c in der Südseite.
En Vau, rechte Wand:
Super Calanque (5c)
Vom Strand direkt an der rechten Wand knapp über der Wasserlinie bis in eine Mulde mit viel
Gebüsch klettern. Gerade hoch durch bis zur Wand. Hier führt nach links ein Band. Dieses Band
bis zu seinem Ende verfolgen, es ist durch eine Rinne kurz unterbrochen. Zuletzt findet man sich
unter gewaltigen Überhängen. Hier endet das Band. Es folgt ein ausgesetzter Quergang (Haken)
nach links bis zu einem Kamin. Hier Einstieg zur Super Calanque.
1. SL (30m, 4c): Durch den Kamin gerade hoch zum Stand auf einem Absatz.
2. SL (25m, 4b): Über eine Platte nach rechts und weiter über gestuftes Gelände nach rechts zu
einer Kante.
3. SL (25m, 4c): Die Kante gerade hoch. Um einen Felsturm links herum. Auf diesem findet sich
der nächste Stand.
4. SL (30m, 5c): Rechts vom Stand zieht ein Riss gerade hoch bis zum Ausstieg.
Abstieg: Zum nördlichen Ende des Plateau de Castelvieil. Entlang von Steigspuren rechts eines
Felsgrates in eine Rinne (1x15m Abseilen). Durch die Rinne auf gutem Pfad hinab zur En Vau.
Charakter:
Routen in der En Vau sind meist gut mit Bohrhaken oder einzementierten Haken abgesichert.
Schlingen und Klemmkeilsortiment dennoch empfehlenswert. Halbseile empfehlenswert.
Karte:
IGN "Les Calanques", 1:15000, vor Ort erhältlich.
Führer:
Ch. Bignon u.a. "Selection d'escalades dans les Calanques" (franz.), div. andere Führer vor Ort
erhältlich.
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