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Mont Blanc
Tour 511 4810 Mont Blanc, via Aiguilles Grises Mont-Blanc-Gruppe Hochtour AD- 06.09.13    

Die "wilde" Seite des Mont Blanc www.sirdar.de

Fakten
Etappe 1:Gonella-Hütte: 5-6h Aufstieg, flacher Gletscher und versicherter Hüttenzustieg
Etappe 2:Aiguilles Grises: 8-10h zum Dôme du Goûter
Etappe 3:Mont Blanc über Bosses-Grat: 3h vom Dôme du Goûter
Etappe 4:Abstieg französischer Normalweg: Gipfel - Goûter-Hütte 3h, weiter bis Nid d'Aigle 3-4h

Ausgangspunkt:
Val Veny, Parkplatz La Visaille (1660m)

Anfahrt:
Von Courmayeur ins Val Veny und dort die fahrbare Straße entlang bis zur Schranke hinter "La Visaille" (Bushaltestelle).

Route:
Mont Blanc über Aiguilles Grises (Variante zum italienischen Normalweg):

Hinweis zur Logistik:
Wir sind von Courmayeur kommend das ganze Val Veny hochgefahren und haben das Auto dort stehen gelassen. Zurück ging es mit Zahnradbahn von Nid d'Aigle nach St. Gervais / Fayet und weiter mit Bus nach Chamonix. Von hier fährt ein weiterer Bus durch den Mont-Blanc-Tunnel nach Courmayeur. In der Saison gibt es von hier einen stündlichen Bus ins Val Veny.
In der Saison sind die öffentlichen Verbindungen hervorragend und gut aufeinander abgestimmt. Busfahrpläne z.B. hier:
www.savda.it

Zustieg Gonella-Hütte (3071m):
Von La Visaille steigt man den Schotterweg immer weiter hoch bis zu einer Hochebene namens "Combal". Hier steht eine Hütte, welche 2013 aber geschlossen war. Von dieser Hütte geht es nun nördlich zum Miage-Gletscher hoch. Man erreicht diesen auf der im Aufstiegssinn linken Moräne, wo ein deutlicher Pfad existiert. Später kann man auf die Mittelmoräne wechseln oder je nach Bedingungen am Rand bleiben. Dort wo der Dome-Gletscher unterhalb der gut sichtbaren Gonella-Hütte einmündet, folgt man den Miage-Gletscher noch steil aufwärts, um dann die Hütte von links her zu erreichen. Dazu steigt man die Felsen auf der von der Hütte abgewandten Seite hoch. Man achte auf große gelbe Markierungen, die auch vom Gletscher aus zu sehen sind. Der letzte steile Anstieg führt meist über Felsen, die mit Ketten und Taue versichert sind.
Der Miage-Gletscher ist mit Schutt bedeckt und sollte im Sommer aper sein. Beim Übergang vom Gletscher zum Hütten-Klettersteig gibt es einige Spalten, die früh im Jahr noch verdeckt sein könnten. Der Klettersteig ist gut zu finden, aber etwas steinschlaggefährdet.
Die Hütte hat nur bis Anfang September offen. Danach gibt es einen offenen Winterraum mit Platz für 10-12 Leute. Es hat Decken. Sonst sehr spartanisch ausgestattet. Wasser bekommt man nur durch Schmelzen von Schnee. Firnfelder in der Umgebung der Hütte.

Dôme du Goûter über Aiguilles Grises (4304m, AD-):
Anmerkung vorweg, von der Gonella-Hütte hat man drei Optionen, um zum Mont-Blanc-Gipfel zu kommen:
- Tournettesporn: der Zustieg zum Sella-Biwak ist früh im Jahr von der Hütte über ein Couloir möglich. Das Biwak ist von der Hütte aus zu sehen. Spät im Jahr ist dies aufgrund von Ausaperung und Steinschlag nicht mehr möglich.
- Italienischer Normalweg / Papstweg: dieser umgeht die Aiguilles Grises über den Dome-Gletscher zum "Col des Aiguilles Grises". Auch dieser Weg ist eher früh im Jahr möglich. Später wird der Zeitaufwand zum Suchen des richtigen Weges im Spaltengewirr zu groß oder die Route kann aufgrund offener Spalten auch ganz unmöglich werden. Hinter der Hütte führt ein markierter Weg auf den Gletscher, der weitere Verlauf ist von den Bedingungen abhängig. Es gilt das obere Gletscherbecken zu erreichen, wo man sich links ins Col hält.
- Überschreitung Aiguilles Grises:
Dieser Weg ist im Folgenden beschrieben und ist v.a. dann zu empfehlen, wenn die Felsen der Aiguilles Grises schneefrei sind, also eher spät im Jahr. Der erste Teil ist im Dunkeln nur schwer zu finden, man sollte daher am Tag zuvor mindestens bis zum unten erwähnten Firncouloir, besser noch hoch bis zum darauffolgenden Gratturm erkunden.
Hinter der Hütte folgt man den markierten Weg zum Dome-Gletscher, gleich nach Überquerung der ersten Rinne, ca. 100m von der Hütte entfernt auf einem Absatz, folgt man den spärlichen Wegspuren und Steinmännchen hoch zum Grat der Aiguille Grises. Vom Absatz geht es zunächst über ein Firn-/Schotterfeld hoch zu einer Felswand. Direkt unter dieser quert man wenige Meter nach rechts zum Beginn einer Rinne (gr. Steinmann). Diese Rinne wird in direkter Linie bis zu deren Ende verfolgt (extrem bröseliges Gestein). Von einer Scharte am Ende der Rinne steigt man rechts gegen den Grat an, wo es steiler wird, weicht man rechts aus und quert zu einer Verschneidung (II). Über dieser gilt es ein paar ausgesetzte Meter zu überwinden und man erreicht einen plattigen Aufschwung. Über diesen erreicht man mit ein paar IIer-Stellen schließlich den Grat. Bis hierher 1h von der Hütte.
Im Dunkeln gut zu wissen, der weitere Gratverlauf ist immer grob Nord. Auf dem zuerst breiten Grat steigt man weiter so weit wie möglich an und erreicht so eine wenig ausgeprägte Scharte. Hier steigt man auf die Felsen linkerhand und bewegt sich an der Grenze zwischen Fels und Firnfeld weiter nach oben. Wo der Fels steiler wird, weicht man schließlich ganz auf das Firnfeld links aus und umgeht so einen ersten steilen Gratturm. Auf dem Firnfeld geht es nun immer steiler werdend bergan bis zum Fels des nächsten Gratturms. Der Fels ist hier noch zu schwierig, weswegen man am oberen Ende des Firnfeldes unter dem Fels nach links quert, bis sich eine Möglichkeit ergibt, über ein deutlich ausgeprägtes Couloir wieder den Grat zu gewinnen (auf der IGN-Karte gut zu sehen). Das (Firn-)Couloir ist max. 40° steil, die Felsen darunter sind sehr brüchig, Vorsicht vor Bergschrund.
Nach dem Couloir folgt man einem Seitengrat bis zum nächsten Gratturm, um nun wieder in Richtung Nord die Überschreitung der Aiguilles Grises fortzusetzen. Dazu geht es leicht in eine Scharte vor dem nächsten Turm. Dieser stellt die Schlüsselstelle des Aufstiegs dar. Optimalerweise hat man am Vortag bis hierher erkundet (ca. 3500m, 2-3h von der Hütte).
Laut AV-Führer müsste man wohl kurz eine Rinne absteigen und den Turm relativ einfach links umgehen können. Dies habe ich probiert, konnte aber keinen günstigen Weg erkennen. In direkter Linie bzw. von einer Scharte rechts von dem Turm war mir das Gelände auch zu schwierig. Ich bin schließlich vor dem Turm links die Rinne ein paar Meter abgeklettert. Danach kann man zu einem Seitengrat queren und über diesen steil hoch, von links nach rechts den Turm gewinnen. Größtenteils ist das im II. Grad, eine Stelle (mit Klemmkeil gut abzusichern) ist jedoch schwieriger (V).
Nun geht es über viele, nicht sehr ausgeprägte Grattürme hinweg. Der Weg ist mal mehr oder weniger ausgesetzt, aber nie schwieriger als II und auch nur stellenweise. Der Gratverlauf ist nun auch logischer und einfacher zu finden. Kurz vor dem sehr markanten Hauptgipfel der Aiguilles Grises (3817m?) wartet nochmal ein Steilaufschwung. Das Gelände wird nun einfacher, aber auch wieder sehr brüchig. Man erreicht schließlich eine Firnkalotte. Es geht links am Hauptgipfel der Aiguille Grises vorbei, über einen feinen und eher waagrechten Firngrat durchschreitet man das Col des Aiguilles Grises. Hier mündet von rechts der Gletscherweg von der Gonella-Hütte.
In Richtung des Col de Bionnassay quert man nun weiter am Gratrücken entlang. Ein steilerer Felszacken wird links in der (Eis-)Flanke weitläufig umgangen. Über den nun folgenden, einfachen Firn- und Felsgrat klettert man nun in direkter Linie auf den wenig ausgeprägten Piton des Italiens (4002m).
Hier erreicht man den Verbindungsgrat Aiguille de Bionnassay - Dôme du Goûter, den man nun rechterhand verfolgt. Dies ist zunächst ein scharfer Firngrat, der bald aufsteilt und in einer Kuppe vor dem Dôme du Goûter mündet. Der Dôme du Goûter wird nun in einfachster Linie (große Spalten) überschritten. Der höchste Punkt des Dôme du Goûter läßt sich aufgrund der Spalten dabei kaum vermeiden.
Die Überschreitung der Aiguilles Grises ist ein zeitintensives Unterfangen mit vielen ausgesetzten IIer-Stellen. Der Fels ist abschnittsweise abenteuerlich brüchig und nur ausnahmsweise fest. Im Spätsommer stellt dies jedoch die einzige vernünftige Route dar, um von der Gonella-Hütte auf den Mont Blanc zu kommen. Nach den langen Felspassagen warten teils wiederum ausgesetzte Firngrate, bevor vor den Dôme du Goûter ein spaltiger Gletscherhang zu überwinden ist.
Prinzipiell wäre die Überschreitung der Aiguilles Grises wohl eher bei Tageslicht eine feine Sache, sehr schnelle Seilschaften sollten es dann trotzdem noch bis zum Gipfel des Mont Blanc und wieder weit runter schaffen. Für alle anderen heißt es, sehr früh aufstehen!

- Mont Blanc über Bosses-Grat (PD):
Vom Dôme du Goûter steigt man wenige Meter in den breiten Firnsattel namens Col du Dôme ab. Hier findet sich auch eine kleine Wetterstation. Spätestens hier erreicht man auch den französischen Normalweg vom Refuge du Goûter. Viele Leute und eine meterweit ausgetretene Spur sind die Folge. Der weitere Weg zum Gipfel ist nun nicht mehr schwierig, aber noch lang. Es geht zunächst vorbei am Vallot-Biwak (ursprünglich nur für Notfälle gedacht) und dem nicht zugänglichen Observatorium. In der Ebene rechts der Hütten hat es ein paar Spalten. Danach setzt der Bosses-Grat an (teilweise 40° steil) der bis zur Gipfelflanke verfolgt wird. Gleich am Anfang des Bosses-Grat wird ein Bergschrund überwunden. Zum Schluß leitet ein nicht enden wollender Firngrat bis zum höchsten Punkt.
Der Bosses-Grat dürfte so gut wie immer gut eingespurt sein und die Spalten somit sichtbar. Der Grat ist sehr windanfällig und hier kann es auch bei sonst bestem Wetter richtig kalt sein, wie wir selber feststellen durften.

- Abstieg zum Refuge du Goûter (3835m):
Es geht den Aufstiegsweg wieder zurück bis zum Dôme du Goûter. Vorsicht bei Nebel im Col du Dôme. Der Dôme du Goûter muss nun abermals überquert werden. Dahinter steigt man in nordwestlicher Richtung einen breiten und an sich einfach zu begehenden Gletscherhang ab, es hat einige Spalten. Die Hütte selber findet sich in aussichtsreicher Position an einer Felskante.
Die neue Goûter-Hütte hatte 2013 die erste Saison. Bei Nicht-Reservierung muss man eine Strafgebühr bezahlen und kommt somit schon mal auf 60 Euro nur für die Übernachtung. Der Rest ist auch nicht gerade billig. Obwohl es ja mittlerweile Erfahrung im alpinen Hüttenbau geben sollte, ist ziemlich viel in der neuen Goûter-Hütte suboptimal gelöst. Alles in allem eine nicht zu empfehlende Erfahrung, aber das kann man sich nicht immer aussuchen.

- Abstieg Nid d'Aigle (2362m):
Von der neuen Goûter-Hütte quert man die wenigen Meter zur alten. Hinter der alten Hütte setzt der berühmt-berüchtigte Weg durch das Grand Couloir an. Es handelt sich dabei um einen teilweise gut versicherten Klettersteig (Vorsicht, einige Stifte locker). Bis zum II. Grad muss man aber auch ohne fixe Sicherungen abklettern. Je weiter man nach unten kommt, umso brüchiger wird dabei das Gestein. Die Felsen im oberen Teil sind oft verschneit, oder gar vereist.
Von der Hütte weg folgt man in direkter Linie einer Gratkante oberhalb des Couloirs (linkes Ufer des Couloirs in Abstiegssinn). Die Gratkante wird umso deutlicher, je tiefer man kommt. Man klettert immer entlang der Kante ab, auch wenn links und rechts teils deutliche Wegspuren in die Flanken daneben führen. Es handelt sich dabei um Verhauer. Am Ende muss das Couloir nach rechts überquert werden. Früh im Jahr liegt hier Firn, dann dient ein über das Couloir gespanntes Drahtseil zur Sicherung. Wenn kein Schnee mehr liegt, ist die Überquerung des Couloirs technisch kein Problem. Es herrscht aber extreme Steinschlaggefahr, weswegen man sich beeilen sollte.
Der Auf- oder Abstieg über das Grand Couloir ist die mit Abstand schwierigste Stelle am franz. Normalweg zum Mont Blanc. Für den erfahrenen Bergsteiger an sich kein Problem, nur bewegt sich hier viel Volk, welches den Schwierigkeiten nicht gewachsen ist. Neben auch dadurch verursachten Steinschlag und Absturzgefahr sollte man sich also v.a. nicht aus der Ruhe bringen lassen und Stoßzeiten mit viel Betrieb vermeiden.
Nach dem Couloir sieht man links die Tete Rousse - Hütte auf 3167m liegen. Man überquert vorher den kleinen Gletscher nach rechts zu einer kleinen Hütte. Dahinter steigt man im Fels auf breitem Weg bis zur Bahnstation "Nid d'Aigle" ab.
Von hier nun mit der Zahnradbahn nach Fayet und weiter wie oben beschrieben mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück zum Ausgangspunkt. Man kann von Nid d'Aigle auch noch in 2h bis nach Les Houches absteigen und hat dort dann auch Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel.

Mont-Blanc
Blick vom Miage-Gletscher Richtung Gonella

Mont-Blanc
Nochmal Blick vom Miage-Gletscher Richtung Gonella

Mont-Blanc
Zustieg Aiguilles Grises von der Gonella-Hütte gesehen

Mont-Blanc
Bei ausreichender Schneelage gibt es von der Gonella-Hütte die Möglichkeit, das Sella-Biwak zu erreichen.

Mont-Blanc
Die Aiguilles Grises von oben gesehen

Mont-Blanc
Das berüchtigte Grand Couloir

Karte:
IGN 3531ET, "Saint Gervais / Mont-Blanc", 1:25000

Führer:
Harmut Eberlein "AV-Führer Mont-Blanc-Gruppe", Bergverlag Rudolf Rother, 9. Auflage 2000, München
Für italienische Routen eher spartanische Beschreibungen und unvollständig, nicht sehr exakt.

Link:
www.summitpost.org

Openstreetmap: Karte Mont-Blanc
Quelle: www.openstreetmap.org

Titel: Im 3. Versuch ...
Bergspezln: Woife, Flo

Mont Blanc ... ist es in meiner Bilanz dann doch gelungen, mal auf dem höchsten Berg der Alpen zu stehen. War eine zähe Geschichte. Das galt auch schon für die lange Anfahrt nach Courmayeur. Aber man weiß ja, was man an Strecke vor sich hat und das Mont-Blanc-Massiv ist nun mal jede Reise wert.
Unser Plan sah vor, den Mont Blanc von der italienischen Seite aus zu überschreiten und dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Chamonix aus zurückzufahren. Also fuhren wir so hoch es ging in das Val Veny und "deponierten" schon mal das Auto. Der Weg ging eindrucksvoll los, über den mit Schutt bedeckten Miage-Gletscher. Unser erstes Ziel die Gonella-Hütte. Von dort hatten wir drei Optionen ausfindig gemacht, um auf den Mont Blanc zu kommen. Den Tournette-Sporn, den Papstweg über den Dome-Gletscher und die Überschreitung der Aiguilles Grises. Der Tournette-Sporn wäre über die Zwischenstation Sella-Biwak.
Nach dem eher flachen Miage-Gletscher wird es dann am Hütten-Klettersteig anstrengender. Die Gonella-Hütte sitzt auf einem Felssporn, in der Ostflanke der Aiguilles Grises. Der Weg dorthin ist mit einigen Ketten und Tauen gesichert. Erstes September-Wochenende und die Hütte war schon wieder geschlossen. Zur Verfügung steht aber noch ein Winterraum mit 10-12 Lagern samt Decken. Die italienische Seite des Mont Blanc gilt ja gerne als die "wilde" Ecke dieses Massivs. Das gilt v.a. auch für die Besucherzahlen. Am französischen Normalweg muss man Hüttennächte lange im Voraus buchen. In Italien tummeln sich nur ein paar Verwegene.
Von der Gonella-Hütte war es dann auch Zeit, die Optionen zu checken. Plan 1, über ein kurzes Verbindungscouloir zum 300m höheren Sella-Biwak aufsteigen und dann den Tournettesporn machen. Das Couloir war nahezu vollständig ausgeapert, der Weg über den Dome-Gletscher dahin a bissl spaltig, um es vorsichtig auszudrücken und alle paar Minuten kamen Felsen bis zur Größe einer Waschmaschine aus der Flanke rund um das Couloir. Tournettesporn ging also schon mal nicht.
Die nächste Variante, der "Papstweg", sprich der eigentliche italienische Normalweg über den Dome-Gletscher. Engländer hatten uns beim Zustieg schon erzählt, das am Vortag einige Seilschaften umgedreht waren. Vom Miage-Gletscher sieht man auch schön die unteren Passagen des Dome-Gletschers und das sah alles nicht sehr freundlich aus. Spaltig ohne Ende. Am nächsten Tag hat es dann eine tschechische Seilschaft probiert, die benötigten 8h für 500Hm, um einen Weg durch das Spaltenlabyrinth zu finden, während wir von der Terrasse aus mit Bier in der Hand die Daumen drückten.
Es war also ziemlich schnell klar, es blieb nur eine vernünftige Variante übrig. Die Überschreitung der Aiguilles Grises. Die war dafür aber in bestem Zustand. Sprich schneefrei. Ansonsten heißt das nicht viel, weil der Grat teilweise abenteuerlich brüchig ist. Überhaupt die Gegend um die Gonella-Hütte, ständig rumpelt es irgendwo. Gewaltige Felsrutsche gibt es quasi im Viertel-Stunden-Takt zu bewundern.
Zwecks Akklimatisierung hatten wir eh diesen einen Ruhetag mit Bier in der Hand auf der Gonella-Hüttenterrasse eingeplant. Den konnten wir nun auch nutzen, um den Weg auf den Grat zu den Aiguilles Grises zu finden. Die Erkundung ist auch dringend notwendig, im Dunkeln hätte man sonst kaum eine Chance, auf Anhieb den richtigen Weg zu finden. Kernstück ist dabei eine geröllige bis sandige Rinne, die einen ordentlich ins Schwitzen bringt. Die Erkundung ist aber nicht nur Mühe, die Aussicht auf die Eis- und Felswildnis rundherum hat auch was. Bleibt noch zu erwähnen, die Hänge hinter der Gonella-Hütte sind ein Paradies für Kristallsucher. Steinschlaghelm aber nicht vergessen.
Das Handy-Netz ist auf der Gonella-Hütte hervorragend, somit studierten wir also per Smartphone die neuesten Internetausgaben der Wetterberichte. Die Zeiten werden immer moderner. Am Folgetag sollte ab Mittag die Quellbewölkung stark zunehmen und die hohen Berge in Nebel geraten. Das machte aus unseren Ruhetag einen kurzen Ruhetag. Wir beschlossen um 11 Uhr abends loszugehen, um damit möglichst am Vormittag noch den Mont Blanc Gipfel zu erreichen.
Los ging es, den schon bekannten Weg brachten wir nun zügig hinter uns. Bis zu einem Firncouloir auf den zweiten Gratturm war ich bei der Erkundung schon gegangen. Danach begann Neuland. Eigentlich wäre es ja schön, die Überschreitung der Aiguilles Grises bei Tageslicht zu machen, um die Landschaft genießen zu können. Ich denke fitte und entspannte Seilschaften können das bei Topwetter auch versuchen. Man erreicht halt dann irgendwann am späten Nachmittag den Mont Blanc und erst abends oder nachts die Goûter-Hütte.
Nach dem Firncouloir mit brüchigen Gruselausstieg mußte ich doch einmal den Kompass zücken, um in der Dunkelheit eine Ahnung davon zu bekommen, wo der Grat den nun eigentlich weiter geht. Man kommt auf einen Gratturm, muss kurz in eine Scharte abklettern und hat dann die Schlüsselstelle der Überschreitung vor sich. Ein rundum steiler Turm. Im Schein der Stirnlampen galt es nun, einen Weg da hoch zu finden. Die Beschreibung im AV-Führer hätte man so deuten können, dass man hier links eine Rinne absteigt und den Turm umgeht. Soweit ich das im Dunkeln beurteilen konnte, wäre das nur mit Pendel-Quergang gegangen. Rechts oben aus einer Scharte vor dem Turm, wäre der Fels zwar kletterbar, aber auch eher in Richtung V. Grad. Nach einigen Suchen entschied ich mich, die besagte Rinne links halb abzusteigen, zu einem Seitengrad zu queren und über diesen auf den Turm zu klettern. Das ist zum Großteil II-III. Eine Stelle machte mir im Vorstieg aber doch zu schaffen, es war wohl ein leicht überhängender Fünfer.
Danach bleibt der Grat zwar zerklüftet, aber richtig schwierig wird es nicht mehr. Der Fels bleibt jedoch brüchig. Immer wieder wechseln ausgesetzte Gratpassagen mit Auf- und Abstiegen über Türme hinweg. Langsam dämmerte es und wir erreichten die Firnkalotte am letzten Gratturm der Aiguilles Grises. Hier kann man nun wirklich links vorbeigehen. Es beginnt eine im Vergleich zu vorher relaxte Passage über einen Firnkamm hinweg. Nächstes Ziel heißt dann Piton des Italiens. Davor muss man nochmal links unangenehm in eine Eisflanke ausweichen, um dann direkt auf die unbedeutende Eiskuppe zu gelangen.
Der Charakter der Tour ändert sich nun komplett, in der Nacht waren wir hauptsächlich über Fels geklettert, nun bei Tagesanbruch wurde es eine reine Gletschertour. Die begann mit einem sehr schönen Firngrat rüber zum Dôme du Goûter. Die Hänge wurden bald breiter und wir suchten einen Weg um den Dôme du Goûter. Letztendlich lies es sich doch nicht vermeiden fast über den höchsten Punkt der Kuppe zu laufen und danach zum Col du Goûter wieder ein paar Meter zu verlieren. Bei einer kleinen Wetterstation machten wir ein Depot und los ging das Drama hoch zum Gipfel. Der sieht nah aus, ist aber doch so weit weg. Die Höhe machte sich bei mir bemerkbar und ich kam zuletzt nur noch im Schneckentempo voran. Von Süden wehte ein eisiger Wind, der sogar das Wasser im Rucksack gefrieren lies. Irgendwann, so gegen Mittag hatten wir es dann geschafft. Wie immer bei so hohen und dominanten Bergen, der Blick von unten hoch ist wesentlich eindrucksvoller als umgekehrt. Der Mont Blanc passt auch irgendwie als Eisklotz nicht so rein zwischen die vielen Granitzacken der umliegenden Berge. Aber hier zählt allein die Höhe, das gebe ich gerne zu. Einmal auf dem höchsten Berg der Alpen zu stehen ist dann doch irgendwie Pflichtprogramm.
Beim Weg runter zog doch irgendwann der Nebel auf. Die Spur zur Goûter-Hütte war jedoch nicht zu übersehen, wir hatten beschlossen es dort mit einer Übernachtung zu probieren. Reserviert hatten wir nicht, aber für den nächsten Tag war kein Gipfelwetter angesagt, damit stiegen die Chancen auf ein Bett für uns. Die Goûter-Hütte wurde neu errichtet und 2013 in Betrieb genommen. Die alte Hütte steht ein paar Meter daneben. Neuer Bestimmungszweck? Keine Ahnung.
Wir ergatterten tatsächlich noch freie Lager in der neuen Hütte. Da wir nicht reserviert hatten, kostete allein die Übernachtung mit Zuschlag wegen Spontan-Auftauchen schon mal 60 Euro. Und der Rest war auch nicht günstig. Die Hütte ist zwar neu, aber erstaunlich wenig durchdacht. Im ganzen Haus stinkt es nach Klo. Die Etagen mit den Schlafräumen sind quasi überhaupt nicht unterteilt. D.h. man bekommt immer mit, wenn sich irgendwo auf der Etage was rührt oder jemand zum Klo geht. Dabei geht per Bewegungsmelder auch noch ein Licht an und alle bekommen es mit. Schlafen wird da schon mühsam. Das Personal war jedoch gut drauf, lag aber wohl daran, dass an diesem Abend nicht soviel los war.
Es blieb nur noch der restliche Abstieg ins Tal. Dabei wartet gleich am Morgen die Schlüsselstelle am französischen Normalweg mit dem Grand Couloir. Die hat ja durchaus ihren Ruf, angeblich soll hier täglich ein schwerer Unfall passieren. Es dürfte alpenweit auch kaum eine vergleichbare Stelle geben, an der soviel überbordende Ambitionen auf ein ähnlich tückisches Gelände treffen. Zwar sind die Felsen zum Teil mit Drahtseilen entschärft, aber speziell bei Schnee oder Vereisung bleibt das alles heikel. Zumal man auch nicht alleine unterwegs ist und immer damit rechnen muss, dass Vorder- oder Hintermann etwas Komisches machen. Da hilft nur Ruhe bewahren und versuchen, sich aus den Gröbsten rauszuhalten. Im Wesentlichen geht es über gestufte Blöcke hinab, ab und zu muss man höhere Stufen abklettern. Die Unfallbilanz passte leider aber auch an diesem Tag, dauerte nicht lange bis ein Hubschrauber einschwebte. Unmittelbar vor uns war jemand abgestürzt, was wir zum Glück nicht direkt mitbekamen. Innerhalb von Minuten war der Unglücksort routiniert "gereinigt" und ein lebloser Körper schwebte über unseren Köpfen unter dem Hubschrauber hängend ins Tal. Diese Bilder werden mich noch ein Weilchen beschäftigen.
Am Ende des Couloir muss dieses überquert werden, hier heißt es schnell sein, immer wieder donnern Steinsalven durch die Rinne. Dann hat man es allerdings geschafft. Nach einem kurzen Gletscher heißt es Auslaufen in einer wüstenartigen Landschaft, bevor man die Zahnrad-Bahn am Nid d'Aigle erreicht. Unser Plan ging auf, just-in-time erreichten wir die verschiedenen Busse und gelangten so entspannt zum Auto zurück.

GPS-Koordinaten eigene Messung - Angaben ohne Gewähr (Datum: WGS 84 Positionsformat: Dezimal)


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